Predictive Maintenance (vorausschauende Instandhaltung) ist ein Ansatz für die Instandhaltung industrieller Maschinen wie Düsentriebwerke, Windturbinen und Ölpumpen mithilfe prädiktiver Algorithmen. Diese prädiktiven Algorithmen nutzen Sensordaten und sonstige relevante Informationen für die Detektion von Anomalien, zur Überwachung des Zustands der Komponenten und zur Schätzung der verbleibenden Nutzungsdauer (Remaining Useful Life, RUL). Mithilfe der vorausschauenden Instandhaltung können Sie die Wartung zum jeweils optimalen Zeitpunkt planen – nicht zu früh, aber auch nicht zu spät.
Reaktive Instandhaltung und vorbeugende Instandhaltung
Bei einem reaktiven Instandhaltungsansatz wird die Instandhaltung erst dann durchgeführt, wenn eine Maschine ausgefallen ist. Dieser Ansatz eignet sich vielleicht zum Auswechseln von Glühbirnen, bei industriellen Maschinen können ungeplante Ausfälle und Standzeiten jedoch extrem kostspielig und gefährlich sein.
Daher führen viele Betreiber eine vorbeugende Instandhaltung durch – sie planen die Instandhaltung in regelmäßigen Intervallen, ohne dabei den tatsächlichen Zustand der Maschine zu berücksichtigen. Dieser Ansatz verringert zwar das Risiko eines Ausfalls im Vergleich zur reaktiven Instandhaltung, führt aber zu höheren Instandhaltungskosten, längeren Ausfallzeiten und einem damit verbundenen Anstieg von Lagerbeständen und Ersatzteilen. Außerdem werden unerwartete Ausfälle damit nicht verhindert, da der Zustand der Maschine nur in regelmäßigen Zeitabständen gemessen und nicht kontinuierlich in Echtzeit überwacht und analysiert wird.
Vorausschauende Instandhaltung
Im Gegensatz zur reaktiven und vorbeugenden Instandhaltung wird der Maschinenzustand bei der vorausschauenden Instandhaltung dauerhaft überwacht und es werden Prognosen zum geschätzten Maschinenausfall erstellt. Dies ermöglicht es Betreibern, die Instandhaltung genau zum benötigten Zeitpunkt zu planen – weder zu früh noch zu spät.
Diese Instandhaltungsmethode bietet zahlreiche Vorteile. Vorausschauende Instandhaltung minimiert ungeplante Ausfallzeiten, senkt Betriebskosten und warnt vor unvorhergesehenen Problemen. Aber die Vorteile gehen über den reinen Maschinenbetrieb hinaus: Hersteller, die Lösungen für die vorausschauende Instandhaltung entwickeln, können eine neue Einnahmequelle erschließen, indem sie ihren Kunden diese Instandhaltungsmethode als Dienstleistung anbieten.
Funktionsweise der vorausschauenden Instandhaltung
Herzstück einer vorausschauenden Instandhaltungslösung ist ein Algorithmus, der Sensordaten analysiert und anhand dieser Daten Anomalien detektiert, Anlagenprobleme diagnostiziert oder die verbleibende Nutzungsdauer (RUL) der Maschine prognostiziert.
Für die Entwicklung dieses Algorithmus müssen Ingenieure geeignete Daten sammeln, diese anschließend mithilfe von Tools wie MATLAB® vorverarbeiten, Merkmale daraus extrahieren und diese Merkmale daraufhin als Eingabe für einen statistischen oder KI-Algorithmus verwenden. Dieser Algorithmus kann dann in großem Maßstab bereitgestellt und entweder direkt in Edge-Geräte eingebettet oder in IT/OT-Systeme integriert werden, zu denen die Daten gestreamt werden. Wird die Bereitstellung nicht erfolgreich durchgeführt, können die Vorteile einer Lösung für die vorausschauende Instandhaltung nicht realisiert werden.
Erfassen von Daten
Datenerfassung ist der erste Schritt bei der Entwicklung jedes Algorithmus für die vorausschauende Instandhaltung. KI-Algorithmen können nur dann genau sein, wenn sie über robuste Trainingsdaten verfügen, die die Arten von Störungen repräsentieren, die Sie prognostizieren möchten. Daher ist es wichtig, Daten zu sammeln, die die Maschine sowohl in gutem Zustand als auch mit Störung repräsentieren.
Allerdings ist es häufig schwierig, auf Störungsdaten zuzugreifen – schließlich ist es das Ziel jedes Instandhaltungsprogramms, Störungen zu verhindern! Dies erschwert es Ingenieuren, die richtigen Daten für die Entwicklung ihres Algorithmus zu erhalten.
Ein Lösungsansatz für dieses Problem ist das Generieren synthetischer Daten aus physikbasierten Modellen, die in Simulink® und Simscape™ erstellt werden können. So kann ein Ingenieur beispielsweise ein Modell einer Ölpumpe erstellen und Störungen simulieren, die durch ein undichtes Ventil und ein blockiertes Rohr verursacht werden. Dann ist es möglich, Störungsdaten auf eine wirtschaftliche Weise zu generieren, die die Leistung der tatsächlichen Ölpumpe nicht beeinträchtigt. Diese physikbasierten Modelle können während des Betriebs als digitaler Zwilling für die Prognose der zukünftigen Maschinenleistung genutzt werden.
Identifizierung von Zustandsindikatoren
Sobald Ihnen die richtigen Daten vorliegen, werden diese zu einer Reihe von Merkmalen reduziert, die als „Zustandsindikatoren“ zum Trainieren eines prädiktiven Algorithmus verwendet werden können. Zustandsindikatoren sind Merkmale, die auf den Unterschied zwischen einem ordnungsgemäßen und einem fehlerhaften Maschinenzustand hindeuten. Sie werden in der Regel anhand einer Kombination aus statistischen, Signalverarbeitungs- und modellbasierten Techniken mithilfe von Analyse- und Entwicklungstools wie MATLAB extrahiert. Die Fachkompetenz des Ingenieurteams spielt hierbei eine zentrale Rolle – das Team weiß, wie die Maschinen arbeiten und kann zur Identifizierung der besten Merkmale beitragen.
Die Identifizierung der richtigen Zustandsindikatoren ist der Schlüssel für den Erfolg eines Algorithmus für die vorausschauende Instandhaltung. Die richtigen Merkmale können zum Trainieren von Algorithmen verwendet werden, um Trends zu erkennen, die nur schwer zu beobachten sind. Darüber hinaus reduziert die Merkmalsextraktion die Größe des Rohdatensatzes. So generieren beispielsweise kommerzielle Flugzeuge pro Flug knapp ein Terabyte an Daten. Die Übertragung, Speicherung und die Analyse solch großer Datenmengen ist kein einfacher Vorgang. Deshalb wird die Merkmalsextraktion immer wichtiger.
Entwicklung von Algorithmen
Nachdem Sie die besten Merkmale extrahiert haben, besteht der nächste Schritt darin, den prädiktiven Algorithmus zu trainieren. Diese Algorithmen fallen in drei Hauptkategorien: Detektion von Anomalien, Fehlerdetektion (Diagnose) und Schätzung der verbleibenden Nutzungsdauer (Prognostik). Algorithmen für die vorausschauende Instandhaltung zielen letztlich darauf ab, Sensordaten in Instandhaltungsentscheidungen zu verwandeln.
Wenn Daten mit Fehlermodi gekennzeichnet sind, können Ingenieure prädiktive Modelle mithilfe überwachter Lernmethoden darauf trainieren, diese Fehlermodi voneinander zu unterscheiden. Diese Modelle können dann mit den operativen Systemen vor Ort verbunden werden, wo sie dazu beitragen, die Ursache des Leistungsabfalls zu bestimmen.
Methoden für unüberwachtes Lernen eignen sich am besten für Anwendungen wie Detektion von Anomalien, die darauf abzielen, eingehende Zustandsindikatorwerte von Geräten als „normal“ oder „anomal“ zu klassifizieren. Da unüberwachte Lernmethoden keine gekennzeichneten Trainingsdaten für verschiedene Ausfallmodi erfordern, sind sie bei Ingenieuren beliebt, die zum ersten Mal versuchen, Predictive-Maintenance-Algorithmen zu entwickeln.
Zur Berechnung der verbleibenden Nutzungsdauer (RUL) einer Maschine kann eine separate Klasse von wahrscheinlichkeits- und zeitreihenbasierten Methoden verwendet werden. Diese Modelle erfassen den aktuellen Wert eines Zustandsindikators und schätzen innerhalb eines definierten Konfidenzintervalls, wann das Gerät ausfallen wird. Wenn sie den geschätzten Zeitpunkt eines Maschinenausfalls kennen, können Ingenieure Instandhaltungsarbeiten terminieren, Ersatzteile bestellen oder den Betrieb einschränken, um die Nutzungsdauer zu verlängern.
Tech Talk: Entwicklung von Algorithmen für die vorausschauende Instandhaltung
Erfahren Sie, wie Sie bei der vorausschauenden Instandhaltung mithilfe der geschätzten Zeit bis zum Ausfall den optimalen Instandhaltungszeitpunkt bestimmen können, um Standzeiten zu minimieren und die Verfügbarkeit der Ausrüstung zu maximieren.
Bereitstellen von Algorithmen im laufenden Betrieb
Eine Lösung für die vorausschauende Instandhaltung umfasst mehr als nur Algorithmen. Die Algorithmen müssen für den Betrieb bereitgestellt werden, um die Vorteile reduzierter Ausfallzeiten, geringerer Instandhaltungskosten und verbesserter Betriebseffizienz zu realisieren.
Die Betriebsumgebung muss die Daten sicher verwalten und Rechenressourcen skalieren können, um zu gewährleisten, dass die Algorithmen effektiv in Embedded Systems oder IT-/OT-Systemen laufen. Sie müssen sich auch in andere IT-Systeme integrieren lassen, um den Bestand zu verwalten, Service-Tickets anzulegen und dem für die Anlagen verantwortlichen Betriebsteam Dashboards mit den Ergebnissen des Algorithmus bereitstellen zu können.
Algorithmen für die vorausschauende Instandhaltung laufen bei vielen betrieblichen Anwendungen nicht nur in der Cloud oder auf Servern vor Ort. Teile des Algorithmus – häufig Signalverarbeitung und Merkmalsextraktion – können direkt auf Edge-Geräten wie Industriesteuerungen bereitgestellt werden, die Hochfrequenz-Sensordaten schnell in Echtzeit verarbeiten können. So können die Kosten für Datenspeicherung und -übertragung gesenkt werden.
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Predictive Maintenance mit MATLAB und Simulink
Ingenieure verwenden MATLAB, Simulink und die Predictive Maintenance Toolbox™ für die Entwicklung, zum Testen und Bereitstellen maßgeschneiderter Algorithmen für das Condition Monitoring und die vorausschauende Instandhaltung.
Mit MATLAB und Simulink ist Folgendes möglich:
- Zugriff auf Streaming- und Archivdaten in Cloud-Speichern, Datenbanken, Datensammlungen und Industrieprotokollen
- Interaktive Erkundung, Extraktion und Einstufung von Merkmalen mit dem Diagnostic Feature Designer.
- Entwicklung prädiktiver Modelle für die Detektion von Anomalien, die Identifizierung von Fehlern und die Einschätzung der verbleibenden Nutzungsdauer (RUL).
- Erstellung physikbasierter Modelle zur Generierung synthetischer Sensordaten und die Bereitstellung digitaler Zwillinge.
- Generieren von C/C++ Code für die Verarbeitung auf Edge-Geräten in Echtzeit.
- Integration ohne Aufzeichnung in IT/OT-Systemen Ihrer Wahl: Skalieren von Algorithmen in der Cloud als geteilte Bibliotheken, Pakete, Web-Apps, Docker-Container und mehr.
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