E-Book

Kapitel 1

Was bedeutet KI für Simulationen und Model-Based Design?


Die Verwendung von Simulink®-Modellen während des gesamten Entwicklungsprozesses – ein Ansatz, der als Model-Based Design bezeichnet wird – ist eine bewährte Methode, um komplexe Systeme effizient und mit geringerem Risiko zu entwickeln. Durch die Integration von KI-Verfahren in Ihren Workflow können Sie nicht nur wertvolle Zeit sparen, sondern auch Ihre Entwicklungen verbessern – und dazu müssen Sie kein KI-Experte sein.

Für die Verwendung von KI in Simulationen und Model-Based Design gibt es vier Hauptgründe:

  1. Verbesserung der Genauigkeit: Verbessern Sie die Genauigkeit des Algorithmus indem Sie hochwertige Trainingsdaten verwenden, um einen KI-Algorithmus zu erstellen.
  2. Reduzierung der Komplexität: Der Einsatz von KI ersetzt Algorithmen, deren Modellierung mit anderen Methoden rechenintensiv oder gar unmöglich wäre.
  3. Zeitersparnis: Mithilfe von künstlicher Intelligenz können ordnungsreduzierte Modelle von Systemen erstellt werden, wenn die Erstellung oder Simulation von realitätsnahen Modellen, die auf den ersten Prinzipien beruhen, zu zeitaufwändig wäre.
  4. Zusammenarbeit: Mithilfe von Simulink lassen sich in Open Source Frameworks oder MATLAB entwickelte KI-Modelle in Entwürfe auf Systemebene integrieren.
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Anwendungsfälle von KI in Simulationen

In diesem E-Book gehen wir auf zwei zentrale Anwendungsfälle für die Integration von trainierten KI-Modellen in Simulink ein:

  • Entwicklung eines KI-Modells für einen Algorithmus, der später auf einem Embedded System bereitgestellt werden soll. Ein ausführliches Beispiel finden Sie in Kapitel 2.
  • Verwendung von KI für die datengesteuerte Modellierung von Anlagen oder Umgebungen Die Daten, die zum Trainieren des KI-Modells verwendet werden, können von der Hardware oder von einem realitätsgetreuen Simulationsmodell stammen, das für eine Simulation auf Systemebene zu rechenintensiv ist. Ein umfassendes Beispiel dafür, wie KI zur Erstellung eines Modells mit reduzierter Ordnung für eine realitätsnahe Komponente eingesetzt werden kann, ist in Kapitel 3 zu finden.

Entwicklung von eingebetteten Algorithmen: Dieser Anwendungsfall umfasst KI-basierte Regler, Sensoren, Sensorfusionen, Bildprozessoren und Objektdetektoren, die letztlich auf einem Embedded System bereitgestellt werden.

Modelle reduzierter Ordnung: Verwenden Sie KI, um ein Modell mit reduzierter Ordnung eines komplexen Systems zu erstellen, das von einer größeren Anzahl von Ingenieuren zur Optimierung und Validierung von Systemkomponenten verwendet werden kann.

In vielen Fällen kann ein KI-Modell für beide Anwendungsfälle genutzt werden. Eine weitere Option ist die Nutzung von Simulink als dynamische Umgebung für das Reinforcement Learning, einem Teilbereich des Machine Learning (ML).

Die Integration von KI in Model-Based Design für die Entwicklung eingebetteter Algorithmen ermöglicht Folgendes:

  • Experimentieren Sie mit mehreren KI-Modellen eines Algorithmus und vergleichen Sie umgehend die Kompromisse in puncto Genauigkeit und Leistung des Geräts.
  • Evaluieren Sie KI-Modelle von Algorithmen im Hinblick auf ihre Übereinstimmung mit den Systemanforderungen, ehe sie bereitgestellt werden.
  • Lassen Sie Ihre KI-Modelle zusammen mit anderen Modellen in einer simulierten Umgebung laufen, um Probleme bei der Systemintegration zu ermitteln.
  • Testen Sie Szenarien, deren Ausführung auf Hardware oder in einer physischen Umgebung schwierig, teuer oder gefährlich wäre.

Mithilfe von KI für datengesteuerte Modellierungen mit reduzierter Ordnung können Sie:

  • Realitätsnahe aber langsame Modellsimulationen beschleunigen.
  • Den Entwurf mithilfe des KI-basierten Modells mit reduzierter Ordnung in einer frühen Phase des Entwurfsprozesses beschleunigen und ein realitätsnahes Simulationsmodell zu einem späteren Zeitpunkt im Entwurfsprozess verwenden, um die Ergebnisse zu validieren.
  • Hardware-in-the-Loop-Tests durchführen, indem Sie Ihren Reglerentwurf ohne die komplette Systemhardware verifizieren.
  • Mehr Zeit für die Untersuchung von Grenzfällen, die Iteration des Entwurfs und die Bewertung von Alternativlösungen investieren.
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Auf welche Weise werden Sie KI bei Ihrer Entwurfsarbeit auf Systemebene einsetzen?

In allen Branchen können Ingenieure die KI nutzen, ohne dabei selbst KI-Experten zu sein. MathWorks bietet benutzerfreundliche Oberflächen, Anwendungen und Beispiele, um KI für jedermann zugänglich zu machen.

Sie können KI-Techniken zum Machine Learning und Deep Learning in vertrauten vertikalen Anwendungen anwenden und dabei erfahren, wie Sie diese Techniken auf branchenspezifische Herausforderungen übertragen können.

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Welchen Anwenderbericht möchten Sie näher betrachten?

In diesem Fall hat ein Team einen KI-basierten Regler für die Antriebssteuerung im geschlossenen Regelkreis erstellt.

Ein Simulink-Modell mit drei Feldern. Das mittlere Feld ist ein Simulink-Modell für das Training eines KI-basierten Reinforcement-Learning-Reglers. Im rechten Feld wird die Motordynamik modelliert. Das linke Feld enthält Komponenten für den Reinforcement-Learning-Regler.

Ein Reinforcement-Learning-Regler für die Antriebssteuerung im geschlossenen Regelkreis. (Bildquelle: Vitesco Technologies)

In diesem Fall hat ein Team ein Simulink-Modell einer ganzen Luftfahrzeugflotte erstellt, um die Lebenszykluskosten zu senken und die Bereitschaft zu verbessern. Das Modell ist von genauen Prognosen der Flottenleistung und der Stillstandzeiten wegen Wartungsarbeiten abhängig. Das Team entwickelte ein hochgenaues Simulink-Modell der Flotte und trainierte anschließend ein KI-Modell mithilfe der Ausgabedaten des Simulink-Modells anhand einer Reihe von Szenarien, um schnelle Analysen zu ermöglichen.

Eine Reihe von Kampfjets mit offenen Kabinen und Piloten, die sich auf den Flug vorbereiten.

Ein flugbereites Luftfahrzeug. (Bildquelle: Lockheed Martin)

In diesem Fall hat ein Team einen dynamischen Rüttelprüfstand erstellt, mit dem Rennteams streckenspezifische Anpassungen vor dem Rennen vornehmen können, um die Leistung im Rennen zu verbessern. KI-Modelle sind ein Bestandteil eines komplexen virtuellen Modells, das zur Simulation der Leistung des Rüttelprüfstands verwendet wird.

Ein Rennwagen auf einem Rüttelprüfstand.

Mithilfe eines dynamischen Rüttelprüfstands können Teams Leistungsanpassungen vor dem Rennen vornehmen. (Bildquelle: Penske Technology Group)

In diesem Fall hat ein Team einen Algorithmus entwickelt, der mithilfe von KI in Videodaten von Patienten mit Epilepsie automatisch Anfälle erkennt. Ärzte überwachen ihre Patienten in der Regel mithilfe von Elektroenzephalogrammen und visuellen Hinweisen, doch diese Methode ist arbeitsintensiv und für Patienten unbequem.

„Wir rechnen damit, dreimal so viele Patienten behandeln zu können, ohne neue Beschäftigte einzustellen. Bei der häuslichen Überwachung wird die neue Technik die Kosten weiter senken, da teure Krankenhauseinweisungen und klinische Beobachtungen entfallen.“

Eine Reihe von Computerbildschirmen mit Bildern von Krankenhauszimmern und Daten.

Erkennen von epileptischen Anfällen per Video. (Bildquelle: Dutch Epilepsy Clinics Foundation)

Zur Unterstützung der intelligenten Fertigung mithilfe von Robotik, beispielsweise in Form eines Schweißrobotersystems, entwickelte ein Team einen KI-Algorithmus zur Schätzung der Position und Ausrichtung des zu schweißenden Teils. Der Algorithmus wurde zusammen mit anderen Algorithmen in einer Simulation eingesetzt, um einen digitalen Zwilling des Robotiksystems zu erstellen.

Eine digitale Darstellung eines Roboterarms neben einem Bild eines realen Roboterarms.

Ein digitaler Zwilling hilft bei dem Entwurf, dem Bau und der Validierung eines Roboter-Schweißsystems. (Bildquelle: Hong Kong Applied Science and Technology Research Institute)

„Mithilfe der digitalen MBSE-Zwillinge konnten wir die Integrationszeiten um 40% und die Entwicklungszeiten um 30% verkürzen.“

In diesem Fall prognostiziert ein KI-Modell den Leistungsbedarf des Brennstoffzellensystems. Das Team nutzte diesen und andere Algorithmen zur Erstellung einer Simulation eines Kraftstoffsystems der nächsten Generation auf Systemebene.

„Wir können unsere Ideen simulieren, Fehler oder Ineffizienz erkennen und diese beheben, bevor wir den Algorithmus auf dem System testen. Anders ausgedrückt: MathWorks Tools helfen uns, Präventivmaßnahmen zu ergreifen.“

Ein graues Gehäuse in der Größe von zwei großen Kühlschränken enthält in Folie eingewickelte Komponenten und weitere Brennstoffzellensysteme.

Ein Brennstoffzellensystem. (Bildquelle: Plug Power)

In diesem Fall nutzte ein Team KI zur Analyse der Daten der integrierten Kameras und Sensoren für Navigations- und Betriebsführungsentscheidungen in einem intelligenten elektrischen Traktor.

„Wir befassen uns mit Mobilität, Energie, Hydraulik, mechanischer Kraft – bei all diesen äußerst komplexen Systemen wird es schwierig, wenn man sich nur auf Feldversuche oder nur auf Simulationstests verlässt. Es war uns wichtig, dass all diese Systeme synchronisiert sind.“

Ein fahrerloser elektrischer Traktor mit integrierten Sensoren navigiert durch ein Feld mit Weinstöcken.

Ein intelligenter elektrischer Traktor mit optionalem Fahrer. (Bildquelle: Monarch Tractor)

In diesem Fall hat ein Team ein neuronales Netz erstellt und trainiert, das digitale Vorverzerrung in einem Kommunikationssystem implementiert. Das Team simulierte außerdem den Algorithmus im analogen Teil des Systems, um die Gesamtleistung des Systems vor seiner Bereitstellung zu verstehen.

 Graph eines Spektrumanalysators zum Vergleich von Signalen ohne DPD, mit DPD auf Basis eines neuronalen Netzes und mit Speicher-Polynomial-DPD.

Wenden Sie eine auf einem neuronalen Netz basierende digitale Vorverzerrung (DPD) an, um die Auswirkungen von Nichtlinearitäten in einem Leistungsverstärker (PA) auszugleichen.