Virtuelle Fahrzeuge bestehen aus einem auf Systemebene angesiedelten Modell, das die Physik und das Steuerungsverhalten eines Fahrzeugs erfasst. Mithilfe virtueller Fahrzeuge mit Längsdynamik ist es möglich, die Reichweite, den Kraftstoffverbrauch, die Beschleunigung und die Anhängelast zu ermitteln. Virtuelle Fahrzeuge mit Querdynamik ermöglichen es Ihnen, das Augenmerk auf Bremsen, Federung und Lenkeigenschaften zu legen. Sie können diese Modelle verwenden, um den Energieverbrauch und die Wärmeleistung zu optimieren und gleichzeitig das Fahrverhalten, die Handhabung und den Fahrerkomfort zu verbessern. Die Modelle vereinfachen die Festlegung von Zielen, die Dimensionierung von Komponenten, die Entwicklung von Regelungsalgorithmen, die Validierung von Software und virtuelle Tests, sodass weniger physische Prototypen benötigt werden. Sobald die Fahrzeuge einsatzbereit sind, können Sie Streaming-Daten verwenden, um datengesteuerte Modelle oder digitale Zwillinge zu erstellen und weitere Verbesserungen anhand dieser Modelle zu testen, bevor Sie entsprechende Updates vornehmen.
„Die Simulation verschiedener Testszenarien mit virtuellen Fahrzeugen ist nicht nur kostengünstiger als physische Tests, sondern auch eine absolute Notwendigkeit für eine schnellere Fahrzeugentwicklung.“
Mit Simulink zur virtuellen Fahrzeugsimulation
Erstellen von Fahrzeugmodellen
Mit der Virtual Vehicle Composer-App (VVC) können Sie ein Fahrzeugmodell erstellen, das auf Ihre Antriebsstrangarchitektur zugeschnitten ist. Dabei stehen Ihnen verschiedene Optionen zur Auswahl, wie z. B. Batterie-Elektrofahrzeuge (BEV), Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor (ICE) oder Hybrid-Elektrofahrzeuge (HEV). Weitere Anpassungen sind mit Komponenten aus den Bibliotheken Elektrik und Mechanik sowie Fluidtechnik, Thermodynamik und Mehrkörpersimulation möglich. Darüber hinaus ist für das automatisierte Fahren die Einbindung von Sensormodellen wie Kameras und LiDAR in das von der VVC-App generierte Modell möglich. VVC verbindet sich mit anwendungsspezifischen Bibliotheken und lässt sich in Simulink integrieren, um durch die Unterstützung des Functional Mock-Up Interface (FMI) eine verbesserte Interoperabilität zu gewährleisten.
Integration von Embedded Software
Sie können entweder vorgefertigte Controller verwenden, um die Closed-Loop Performance Ihres Fahrzeugs zu ermitteln oder diese mit Ihren eigenen Algorithmen anpassen. Beginnen Sie mit einer Model-in-the-Loop-Simulation (MIL), um in Simulink und Stateflow modellierte Controller zu testen. Je mehr individuelle Controller integriert werden, desto größer kann das Modell werden. Um diese Komplexität besser in den Griff zu bekommen, ist es wichtig, bewährte Praktiken für umfangreiche Modelle zu befolgen.
In einer späteren Entwicklungsphase können Sie C/C++ Produktionscode für Software-in-the-Loop (SIL)-Simulationen. Sie können C Code über die in Simulink integrierten C/C++ Schnittstellen aufrufen oder kompilieren und die Code-Abdeckung innerhalb des importierten Codes analysieren.
Weitere Informationen
- Bewährte Methoden zum Erstellen großer Modelle von Komponenten bis hin zu komplexen Systemen (26:13)
- Webinar-Reihe zu bewährten Praktiken für das Erstellen von umfangreichen Modellen in Simulink
- Integration von C/C++ Code mit Block und Blockset Authoring
- Projektmanagement in MATLAB und Simulink
- Integration von C Code in MATLAB und Simulink zur Steuerung einer externen Schnittstelle
Parametrisierung und Validierung des Modells
Nach der Integration der Embedded Controls besteht der nächste Schritt darin, das Modell so zu parametrisieren, dass es das Gewicht des Fahrzeugs, den Luftwiderstand, den Rollwiderstand der Reifen sowie die Effizienz und Trägheit der Komponenten widerspiegelt. Mithilfe vom Powertrain Blockset und Vehicle Dynamics Blockset können Sie auf alle wichtigen Parameter zugreifen und über die Model-Based Calibration Toolbox die Modellanpassung und Kalibrierung für die Motoreffizienz und die Batterieparametrisierung automatisieren. Sobald das Modell parametrisiert wurde, kann ein Vergleich der simulierten Ergebnisse mit den Daten eines echten Fahrzeugs weitere Erkenntnisse über die Modelleigenschaften und die Genauigkeit der Ergebnisse liefern.
Hierzu hat MathWorks in Zusammenarbeit mit FEV North America das Modell anhand von realen Daten aus dem Benchmarking-Katalog von FEV validiert. FEV parametrisierte das Modell und simulierte es anhand derselben Fahrzyklen wie das Benchmarking-Fahrzeug und erzielte so Ergebnisse, die nur wenige Prozent von den Testdaten abwichen.
Festlegen von Testszenarien und Simulieren und Analysieren von Ergebnissen
Für die Entwicklung von elektrischen, hybriden oder konventionellen Antriebssystemen steht eine Reihe vordefinierter Fahrmanöver oder Standard-Fahrzyklusdaten zur Verfügung. Beim automatisierten Fahren können Sie interaktiv komplexe 3D-Straßennetze und Markierungen erstellen. Außerdem können Sie ein Straßennetz erstellen, indem Sie hochauflösende Kartendaten importieren und anschließend Akteure und Trajektorien hinzufügen. Für die Simulation von Kamera-, Radar- und LiDAR-Sensoren eignen sich Sensormodelle, die in der Unreal®-Umgebung laufen und mit Simulink® co-simuliert werden.
Wenn Ihr vollständiges Fahrzeugmodell wie erwartet simuliert wird, verbessern Sie die Leistung und führen umfangreiche Simulationsstudien durch, um den Entwurfsraum zu erkunden oder das vollständige Systemverhalten zu validieren. Sie können Ihre Simulation hochskalieren, indem Sie Jobs zur parallelen Ausführung auf lokale Multi-Core-Systeme, Grafikkarten, Cluster oder die Cloud verteilen. Sobald die Simulationsergebnisse verfügbar sind, können Sie die Ergebnisse mithilfe der integrierten Visualisierungstools und flexiblen Datenvisualisierungsfunktionen in MATLAB überprüfen. Darüber hinaus können Sie die Berichterstellung für Ihre Simulationen entsprechend den Standards Ihres Unternehmens automatisieren.
Weitere Informationen
- MATLAB Live Editor
- Simulation Manager
- Automatisiertes Testen eines Wegfolge-Steuerungssystems mithilfe einer Reihe von Szenarien
- Objektive Fahrbarkeitskalibrierung (42:18)
- Visualisieren von Daten mit MATLAB (6:10)
- Szenariosimulation für automatisiertes Fahren mit MATLAB, Simulink, und RoadRunner (16:05)
Bereitstellung und Demokratisierung von Simulationen
Sie können die Vorteile der Simulation auch breiter aufgestellten Teams zur Verfügung stellen, die keine Modellierungsexperten sind. Mit App Designer lassen sich dabei benutzerdefinierte Apps erstellen und daraus Pakete für die Verteilung alsMATLAB-App, eigenständige Desktop-App oderWeb-App zusammenstellen.
Um Ihre virtuelle Fahrzeugsimulation mit Testdaten aus der realen Fahrzeugflotte zu integrieren, können Sie diese in der Cloud bereitstellen. Außerdem können Sie mithilfe von MATLAB-Produkten zur Codegenerierung vollständige Fahrzeugmodelle für Hardware-in-the-Loop-Tests (HIL) bereitstellen, um die Hardware-/Software-Integration zu validieren.